Gerettet: Historische Lindenallee Gut Seestermühe saniert

Die 300jährige, denkmalgeschützte Lindendoppel-Allee auf Gut Seestermühe, Teil einer barocken Gartenanlage und 2011 vom Heimatbund Schleswig-Holstein als eine der schönsten Alleen des Landes prämiert, war akut im Bestand bedroht. Nun ist es einem Runden Tisch von Akteuren unter der Leitung und Koordination des gemeinnützigen Fördervereins Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland e.V. gelungen, gut 200.000 EUR an Fördermitteln zur Durchführung der erforderlichen Baumpflege, Neupflanzungen und Umweltbildung einzuwerben. Den Löwenanteil von 80.000 EUR hat die BINGO! Umweltlotterie beigesteuert. Dieser Erfolg wurde heute mit einem Empfang in Seestermühe gewürdigt.

Kreispräsident Helmuth Ahrens, Bürgermeister Thorsten Rockel und Eigentümer Graf Alexander von Kielmansegg zeigten sich erleichtert und dankten dem Förderverein für seine Initiative, Durchhaltevermögen und den durchschlagenden Erfolg des Projektes. Dr. Margita Meyer, Landesamt für Denkmalschutz in Kiel, betonte die landeskulturelle Bedeutung der barocken Linden-Doppelallee für Schleswig-Holstein. 

„Die historische Lindenallee Seestermühe ist gerettet! Die notwendigen Baumpflegemaßnahmen und Neupflanzungen konnten durchgeführt werden. Das Konzept, an einem Runden Tisch alle am Erhalt der Allee interessierten Akteure zusammenzuführen, war erfolgreich. Es ist auch gelungen, mit einem neuen, nur für die Allee und ihren Erhalt zuständigen Förderverein, nachhaltige Aktivität für Pflege und Erhaltung zu sichern“, sagt Dr. Frank Schoppa, Initiator und Koordinator des Projekts als Vorsitzender des Fördervereins Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland e.V.  

Historie der Rettung 

2010: Allee Seestermühe im Allen-Wettbewerb des Heimatbundes SH ausgezeichnet. Situation vor Ort angespannt – Eigentümer überfordert – Konflikt mit amtlichem Denkmalschutz und Naturschutz.

2014: Gründung des gemeinnützigen Fördervereins „Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland e.V.“ mit der Zielsetzung, die Kulturlandschaft des Pinneberger Baumschullandes erlebbar zu machen, sie zu erhalten und nachhaltig zu entwickeln. 

2015: Initiative zur Bildung des Runde Tisches zur Rettung der Allee, Leitung des Rundes Tisches.

2016: Baumpflegerisches Gutachten bestätigt akute Gefahr für den weiteren Bestand der Allee. Projekt wird Leitprojekt des Fördervereins.

2017: Genetische Analyse des Baumbestandes zur Klärung von Herkunft und Zustand 

2018: Keine Förderung für die Pflege von Alleen in SH verfügbar (außer Nachpflanzungen), Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes fördert nicht historische Grünanlagen. Umweltstiftung BINGO wird Projektretter durch Bereitstellung von Fördermitteln für Baumpflege. 

2019: Nachpflanzung von 43 Alleebäumen.

2020: Baumpflege an rund 572 Alleebäumen; Erstellung von Medien zur Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit.

2021: Gründung des neuen Fördervereins zum Erhalt der historischen Lindenallee Gut Seestermühe e.V.; Abschlussfest. 

Bedeutung von Alleen für Landschaft, Naturschutz und Denkmalschutz 

Alleen haben in unserer zumeist ausgeräumten Landschaft eine große Bedeutung:

  • Alleen gliedern, prägen und bereichern das Landschaftsbild;
  • Alleen bieten vielen Wildtieren, Vögeln und Insekten Schutz und Lebensraum, dienen also dem Artenschutz, der biologischen Vielfalt und sind Adern für die Biotopvernetzung;
  • Alleen sind durch ihre Anlage in historischen Zeiten Kulturgut und Denkmal.  

Alleen sind deshalb gesetzlich geschützt, als Geschützte Landschaftsbestandteile gemäß Bundesnaturschutzgesetz oder auch gemäß Denkmalschutz. 

Doch: Alleen haben keine Lobby – keine Fördermittel für Alleenpflege in Schleswig-Holstein

„Im Fazit müssen wir feststellen: ohne die Mittel der Umweltlotterie BINGO für die Baumpflege wäre die Sanierung nicht gelungen, denn Fördermittel für Alleepflege gibt es in Schleswig-Holstein nicht.“, bedauert Vorsitzender Dr. Frank Schoppa und fordert: „Gesetzlicher Schutz ohne Mittel zur Bestandspflege – das geht nicht zusammen. Die Baumpflege in Alleen ist aus fachlicher Sicht unverzichtbar! Hier sind Land und Bund gefordert, Fördermittel bereit zu stellen.“ 

In der Realität wurden und werden Alleen an Straßen zumeist als Verkehrshindernis betrachtet. „Nicht verformbares, punktuelles Einzelhindernis am Straßenrand“ nennt die RPS  Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme  der FGSV „Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen" den Alleebaum. Durch Regelwerke des Verkehrswesens und des Straßenbaus werden bei Neuanlage Abstände von 7,5 Meter zur Straße gefordert. Der zusätzlich erforderliche Landankauf ist teuer und verhindert meist die Neuanlage von Alleen. 

„Wenn wir Alleen in unserer modernen Zeit wirklich dauerhaft erhalten wollen, benötigen wir Förderung für die Errichtung von Alleen-Katastern, regelmäßige Kontrollen, regelmäßige Baumpflege und Nachpflanzungen. Wir benötigen eine Lobby, eine institutionelle Struktur mit Interessenvertretung. Mecklenburg-Vorpommern und zum Teil auch Niedersachsen bieten Beispiel und Vorbilder. Ein erster Schritt ist der erneute Allen-Wettbewerb des Heimatbundes S-H 2022. 

Wir wünschen Graf von Baudissin, dem Vorsitzenden des neu gegründeten Fördervereins zum Erhalt der historischen Lindenallee Gut Seestermühe e.V., viel Erfolg!“